Kritik:
Das inhaltlich nicht leicht zu erschliessende Ausnahmewerk der Opernliteratur, diese immense Parabel um Prüfungen und Menschwerdung, stellt jedes Haus vor grösste Herausforderungen. Diese Neuproduktion an der DeutschenOperBerlin kann sich sehen UND hören lassen. Hausherrin Kirsten Harms zeigt eine in sich schlüssige, nachvollziehbare Inszenierung. Indem sie das Übersinnliche, Märchenhafte der Hoffmannsthal´schen Vorlage weitest gehend ausblendet und den Fokus ganz auf die der Kaiserin auferlegten Prüfungen legt, betritt Frau Harms zwar nicht unbedingt Neuland, auch wenn sie das Geschehen in die Entstehungszeit des Werkes verlegt, den ersten Weltkrieg und den aufkommenden Faschismus - welche zweifelsohne Strauss und Hoffmannsthal in ihrem Schaffen beeinflussten, - in die Handlung integriert. Das Resultat jedoch ist überzeugend. Die kalte Marmorarchitektur des kaiserlichen Palastes, die bunkerartige Wohnung des Färberpaares und die öde Mondlandschaft nach dem Giftgaskrieg im dritten Akt bilden stimmige Spielflächen. (Ausstattung: Bernd Damovsky)
Manuela Uhl zeigte eine zerbrechliche, anrührende Kaiserin, welche die immensen stimmlichen Herausforderungen über weite Strecken grossartig meisterte. Am 8 Oktober zeigte sie sich noch besser in Form als am 11. Vielleicht lag das auch am Dirigenten. Während am 8. Ulf Schirmer ( welcher das Werk einstudiert hatte und auch die meisten Vorstellungen leiten wird) überragend schöne Bögen spannte und eine perfekte Balance zwischen Graben und Bühne erreichte, übernahm am 11. Oktober Ulrich Windfuhr das Dirigat. Einige Koordinationsdivergenzen blieben damit wohl unausweichlich. An beiden Abenden jedoch beeindruckte das Orchester der Deutschen Oper mit einer überwältigenden Leistung, auch und vor allem in den zahlreichen solistischen Passagen, mit zarten, sauber intonierten Bläser- und Streichersoli.
Doris Soffel kennt man unterdessen als eine der besten Ammen der Gegenwart. Vor allem verblüfft ihre durchschlagende Höhe. Die dritte grosse Frauenpartie sang Eva Johansson mit kräftigem, in der Höhe jubelndem Sopran. Auch darstellerisch war sie eine sehr intensive Färberin. Ihr Gatte Barak wurde durch die voll und warm strömende Baritonstimme von Johan Reuter zum stimmlichen Höhepunkt des Abends. Der Kaiser von Robert Brubaker wurde von Abend zu Abend sicherer und besser. Er meisterte die gesanglich so unbequem hoch liegende Partie mit bemerkenswertem Aplomb. Erfreulich auch, dass den kleineren Rollen genügend Beachtung geschenkt wurde, hier sei in erster Linie Liane Keegan als herrlich voluminös und satt erklingende Stimme von oben erwähnt, aber auch die Wächter der Stadt waren mit Ben Wager, Lucas Harbour und Krzystof Szumanski bestens besetzt.
Fazit: Einfach überwältigend!
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