Am 7. und 10. Juni hatte ich noch zweimal das Vergnügen, diese aussergewöhnliche Produktion zu erleben. Die Besetzung war nahezu unverändert, bis auf den Musiklehrer, der nun von Rolf Haunstein sehr gut gesungen wurde. Peter Schneider übernahm das Dirigat - er ist ein immens präsenter Dirigent, seine kluge Disposition, die Bögen, die Balance Bühne Orchester - alles perfekt und spannungsreich. Emily Magee berührt immer noch durch ihre Darstellung der tragisch Leidenden, Elena Mosuc ist unübertrefflich als Zerbinetta mit herrlich präzise und doch so natürlich perlenden Koloraturen. Am 14. Juni 2009 noch einmal zu erleben. In der nächsten Saison wird Deborah Voigt die Ariadne übernehmen, Sen Guo die Zerbinetta.
Ariadne auf Naxos
Oper in einem Aufzug nebst Vorspiel(2.Fassung)
Musik: Richard Strauss
Libretto : Hugo von Hofmannsthal
Uraufführung: 4.Oktober1916 in Wien
Aufführungen in Zürich vom 16.12.06-6.1.07
Synopsis:Vorspiel: Im Hause des „reichsten Mannes von Wien“ sind die Vorbereitungen zur Uraufführung der Oper Ariadne auf Naxos im Gange. Doch auf Anordnung des unsichtbar bleibenden Mäzens soll die tragische Handlung mit einer Tanzmaskerade von Zerbinettas Truppe verschmolzen werden. Der Komponist ist entsetzt und bricht – trotz eines Liebesintermezzos mit Zerbinetta – zusammen. Doch die Truppe macht sich für die Aufführung bereit.
Oper: Ariadne befindet sich alleine und verlassen auf einer wüsten Insel und trauert ihrer grossen Liebe Theseus nach. Sie sehnt den Tod herbei.
Zerbinetta feuert ein Bekenntnis zur freien Liebe ab – umsonst. Da erscheint der junge Gott Bacchus. Ariadne hält ihn für den Todesboten, er sie für die Zaubererin Circe. Gegenseitiges Verkennen – gegenseitige Verwandlung – Verschmelzung der Seelen.
Zerbinetta kommentiert: „…hingegeben sind wir stumm.“
Musikalische Höhepunkte: Ariosi des Komponisten im Vorspiel, Ariadnes grosse Arie „Es gibt ein Reich“, Zerbinettas Koloraturarie „Grossmächtige Prinzessin“, Schlussduett Ariadne-Bacchus
Kritik: (SK) „Musik ist eine heilige Kunst“ singt Michelle Breedt mit silbrig-glänzendem Mezzosopran als Komponist im Vorspiel – und tatsächlich, wenn die Musik auf solch ausserordentlichem Niveau zelebriert wird wie an dieser Premiere, dann bleibt uns nichts anderes übrig, als uns ergriffen und dankbar vor dieser Leistung zu verneigen. Schlichtweg eine Offenbarung!
Strauss komponierte eine lebendige, wunderschöne Musik, vom leichten Parlandoton des Vorspiels zu den grossen Bögen der ausgedehnten und dankbaren Gesangsnummern der Oper. Die Interpreten in Zürich kann man sich besser kaum vorstellen:
Elena Mosuc singt die immensen Koloraturen der Zerbinetta mit unglaublicher Leichtigkeit und augenzwinkerndem Schalk, eine bravouröse Leistung. Als Gegensatz dazu die tragische Heldin Ariadne: Emily Magee durchdringt die Partie mit einer wunderschön bruchlos geführten Sopranstimme, sie beherrscht das Strauss´sche Aufblühen aufs Ergreifendste und rührt im Schlussduett mit dem wunderbar zart intonierten „Gibt es kein Hinüber…“ zu Tränen. Richard Strauss liebte die Frauenstimmen und schrieb für sie auch die dankbarsten Partien, Tenöre waren seine Sache nicht. Die Partie des Bacchus ist eigentlich viel zu heroisch und unangenehm hoch angelegt, sie muss deshalb oft mit Heldentenören besetzt werden. Umso dankbarer darf man der Zürcher Intendanz sein, dass sie Roberto Saccà für diese Rolle gewinnen konnte. Er singt nicht nur strahlend und jugendlich feurig, nein er verkörpert auch in idealster Weise diesen eben vom Knaben zum Manne gereiften Gott.
Von den übrigen, wie meistens hier sehr gut besetzten Partien, seien Gabriel Bermúdez als Harlekin, Michael Volle als Musiklehrer und das Trio Eva Liebau, Irene Friedli und Sandra Trattnigg besonders herausgehoben.
Regisseur Claus Guth musste am Ende der Vorstellung einige Buhs einstecken – zu Unrecht. Er zeigt uns eine sehr intelligente, äusserst textgenaue Interpretation der Handlung, welche die überwiegende Mehrheit des Publikums begeisterte.
Das Vorspiel, ganz in schwarz-weiss gehalten und zwischen weissen Vorhängen spielend, erinnert manchmal an eine surreale Slapstick-Komödie, die Haupthandlung spielt nicht auf einer wüsten Insel, sondern im Tempel der Zürcher Kunstfreunde, der Schönen und Reichen (und solchen, die sich dafür halten…), dem Zürcher Restaurant „Kronenhalle“. Im detailgetreuen Bühnenbild von Christian Schmidt prangt Varlins Gemälde von Hulda Zumsteg an der Wand. Mal agiert die Truppe um Zerbinetta als Servierpersonal, mal als trunkene Gäste. Ariadne sitzt alleine und verlassen an einem Tisch, der Komponist, der sich am Ende des Vorspiels aus Verzweiflung noch eine Pistole an den Kopf gehalten hatte, erscheint immer wieder bei den musikalischen Höhepunkten und schreitet geheimnisvoll mit blutender Wunde an der Stirn über die Bühne. Der Haushofmeister (wie in der Lievi Inszenierung von 1993 Intendant Alexander Pereira in Person - man hätte sich in dieser Rolle auch einen Schauspieler leisten können…) setzt sich mit Mäzenen an einen Tisch und überbringt Ariadne, die zwar in Claus Guths Interpretation Selbstmord durch Tabletteneinnahme begeht, nun aber am Ende des Spiels wieder die Primadonna ist, einen Blumenstrauss.
Den hat das gesamte Ensemble und das kleine, aber ungemein präzise und klangschön spielende Orchester unter der musikalischen Leitung von Christoph von Dohnányi mehr als verdient!
Fazit: Diese Produktion darf man auf keinen Fall verpassen. Musikalische Kostbarkeiten auf einem Silbertablett serviert!
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