Bilder mit freundlicher Genehmigung: @bettina stoess www.moving-moments.de
Kurz: 1. Akt zu schleppend dirigiert, Stimmen zwar sehr schön, aber zu klein für das Haus. Ruxandra Donose verfügt über zu wenig dramatischen Impetus für den ungestümen Liebhaber, Nancy Gustafson als Marschallin wirkt etwas kühl. Hawlata ist ein guter Ochs, ohne zu chargieren.
2. Akt besser, Ulrike Helzel als Annina hervorragend, Hartelius glänzt als Sophie
3. Akt: Terzett zauberhaft - endlich zeigen die Sängerinnen, was sie können
Anmerkungen:
Da soll noch einer sagen, die heutige Jugend wisse sich nicht mehr zu benehmen. Was sich die Alten zum Teil herausnehmen, ist viel schlimmer als nur mal die Nike beschuhten Flossen auf die Sitzpolster in der S-Bahn zu legen oder auf den Boden zu spucken.
Beispiel gefällig? Bitte sehr: Gestern Abend in der Deutschen Oper Berlin, mein 22. ROSENKAVALIER (Nancy Gustafson, Ruxandra Donose, Malin Hartelius, Franz Hawlata /Peter Schneider am Pult, in der wunderschön stimmigen Inszenierung von Götz Friedrich).
Mitten in der Arie des Sängers im ersten Akt kramt meine ca. 70jährige Nachbarin in ihrer Tasche und zieht geräuschvoll ein Tempo heraus, in welches sie dann ausgerechnet während dieser 2 Minuten unaufhörlich lautstark reinrotzt. Widerlich.
Keine fünf Minuten später, als die Marschallin eben zu ihrem schwermütigen Monolog über das Älterwerden ansetzt ("Mein lieber Hyppolit, heut´haben sie ein altes Weib aus mir gemacht..." krächzt so ein alter Sack hinter mir: "Kann mir mal jemand aus dem Mantel helfen?". Die Marschallin auf der Bühne singt zwar noch zu ihrer Bagagi: "Abtreten die Leut´", doch der Alte mosert weiter rum, wie unbequem er hier sitze und dass ihm zu warm sei. Unmöglich.
Da setzt die Marschallin auf der Bühne zum zweiten Teil des Monologs an, sinniert über die Vergänglichkeit der Zeit, das Orchester spielt ganz leise, man hört die Schläge der Uhr und des Herzens ("Manchmal steh ich auf mitten in der Nacht und lass´die Uhren alle, alle stehn." Genau in diese Stille hinein kramt eine andere Alte in der Reihe direkt hinter mir in ihrer riesigen Tasche und sucht nach Bonbons. Selbstverständlich hat sie ihr gesamtes Tafelsilber mit in die Oper geschleppt, das klimpert und klingelt, dass man meint, gleich kommt das Christkind. Doch diesen Effekt hat Richard Strauss bestimmt nicht komponiert - er macht an dieser Stelle auch keinen Sinn. Doch die Alte scheint´s nicht zu stören, sie wühlt minutenlang weiter in ihrer abgründigen Tasche.
Zum Glück kam ich in der Pause ins Gespräch mit einem Ehepaar, dem die Vorstellung überhaupt nicht gefiel. Sie boten mir ihre Plätze in der ersten Parkettreihe an. Somit konnte ich das herrliche Terzett im dritten Akt ("Marie Theres..Hab mir´s gelobt" ungestört geniessen.
Für heute Abend habe ich noch eine Karte für das poetische SCHLAUE FÜCHSLEIN von Janacek. Hoffentlich ist dann nicht wieder Vorstellung fürs Altenheim.
Euch allen einen unaufgeregten Jahreswechsel und ein gesundes, rotzfreies neues Jahr
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen