Dienstag, 14. Oktober 2008

Duisburg: LOUISE


Diese Produktion MUSS man gesehen haben. Eine eindringlichere, aufwühlendere und nachdenklich stimmendere Opernproduktion habe ich in den letzten Jahren nicht gesehen. Was Regisseur Christof Loy aus dem hundertjährigen Stoff herausholt ist unglaublich aktuell. Am Schluss blieb manchem Zuschauer ein Tränenausbruch nicht erspart. Loy legte den Schwerpunkt auf die inzestuöse Beziehung des Vaters zu seiner Tochter Louise, das (in solchen Fällen leider oft übliche) Weggucken der Mutter, die sexuelle Unterdrückung der Tochter und die kurzen Momente von Louises Glück in der Künstlergemeinde des Montmartre. Dies alles spielte sich in einer Art Wartesaal des Glücks ab, Stil 50er Jahre. Eindrücklich das Spiel und der Gesang der Protagonisten, allen voran Sylvia Hamvasi, welche die Gewaltspartie der Louise mit unglaublich intensivem, strahlkräftigem Sopran ausstattete. Ihre Darstellung dieses von ihrer Familie zerstörten Mädchens berührte und erregte Wut auf eine Gesellschaft, die so etwas nach wie vor zulässt. Ihr etwas oberflächlicher Verehrer Julien, mit welchem sie nur einen kurzen Moment des Glücks geniessen darf, wurde von Sergej Khomov glaubwürdig dargestellt und hervorragend gesungen. In einem ekstatischen Duett vereinigten sich die beiden überragenden Stimmen. Sami Luttinen gestaltete den äusserlich biederen Vater (Nickelbrille und Aktenmappe), der doch ein echter Schweinehund ist, mit kernigem Bariton. Die in ihren Gefühlen erkaltete Mutter wurde von Marta Márquez mit grosser Bühnenpräsenz dargestellt, stimmlich hätte sie ruhig noch etwas aufdrehen können.
Jonathan Darlington leitete die hervorragend aufspielenden Duisburger Philharmoniker, holte all die wunderbaren impressionistischen Feinheiten aus der Partitur heraus, lotete die Leitmotive aufs Genaueste aus und erreichte auch musikalisch in der ohne Pause gespielten Oper ein Höchstmass der Gefühle.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Lieber Operalover,

mit Freude habe ich Ihre Rezension an Dirigent und Musiker weitergeleitet.
Ebenso habe ich mir erlaubt eine eigene kleine Rezension über Ihr Weblog zu schreiben: http://bit.ly/35Ov8C .
Sollten Sie einmal wieder die Duisburger Oper oder Philharmonie besuchen, würde ich mich über einen Austausch sehr freuen!

Mit freundlichen Grüßen,
Frank Tentler, WebTeam Duisburger Philharmoniker

Anonym hat gesagt…

Ich gehöre zu den Menschen, die fast ihre gesamten Informationen nicht mehr aus Zeitungen, Radio oder TV beziehen, sondern aus dem Internet. Zum einen sind das etablierte Angebote (Spiegel Online, DerWesten.de,…), zum anderen – und zum weitaus größtem Teil – Weblogs von Privatpersonen.

Man weiss oft nicht, warum diese Menschen sich so umfassend und begeistert mit einem bestimmten Stoff beschäftigen, oder woher sie ihr Fachwissen beziehen. Aber oftmals ist ihre unabhängige Perspektive viel geeigneter, um einen Sachverhalt neutral darzustellen, als es ein professionelles/kommerzielles Angebot sein kann.

Als ich mit den Arbeiten an dacapo begann, habe ich intensiv nach Weblog-Angeboten aus dem Bereich klassische Musik gesucht und einiges gefunden, was mich sehr interessiert (s. Musik im Web). Dabei fiel mir auch ein Weblog auf, dass den doch recht grossen Namen Welt der Oper trägt. Weiterlesen…

Wie viele dieser Sites ist sie optisch und technisch sehr einfach mit einer kostenfreien Online-Software erstellt. Aber man darf bei Weblogs die “Aufführung” niemals nach der “Kulisse” beurteilen.
Das Weblog dieses Opernliebhabers (der sich zu Recht den Nutzernamen “Operalover” zugelegt hat) ist eine dieser Kulissen, die man vielleicht auf den ersten Blick übersehen könnte, wären da nicht schon die wenigen, aber sehr detailverliebten Bilder der besuchten Vorstellungen und das eine, recht deskriptiv ausgewählte Bild des Blog-Besitzers.

Lässt man sich von diesen “Eyecatchern” erst einmal einfangen, wird man von einer Verbal-Inszenierung gefangen genommen, die durch Fachkenntnis und Liebhaberei zu fesseln versteht. Dabei empfinde ich es als wohltuend, dass auf unverständliche, übertriebene und aufgesetzte Formulierungen bewusst verzichtet wird. Die gewählte klare Sprache, die Auswahl und der Einsatz von nachvollziehbaren Fachtermini und die klaren, aber eindeutig als subjektiv dargestellten Empfehlungen, stellen für mich einen hochwertigen Leitfaden für mögliche Opernbesuche dar.

Über sich selbst sagt “Operalover”:
“Seit 40 Jahren besuche ich regelmässig Opernvorstellungen in der ganzen Welt. Ich verfüge über eine umfassende Datenbank, in welcher ich die Besetzungen und meine Eindrücke speichere.”
Liest man seine Rezensionen, funkelt dieses Fachwissen und sein fundierte Aufführungs-Repertoire an jeder Stelle auf.

Man mag jetzt meinen, dass ich nur über dieses Weblog schreibe, weil dort eine begeisterte Rezension unserer Oper Louise zu finden ist.
Ich gebe zu, dass ich mich sehr über diesen Beitrag gefreut habe und das ich ihn sicherlich ausdrucken und an Regisseur, Dirigent und Musiker weitergeben werde.
Primär möchte ich hier aber einfach einmal eine eigene Liebeserklärung formulieren. Eine Liebeserklärung an die vielen Menschen, die sich die Mühe machen, ihre Liebhaberei durch Weblogs wie ” Welt der Oper” zu vermitteln und damit Türen öffnen, durch die man vielleicht niemals gegangen wäre, obwohl man sehr neugierig ist, da man keinen individuell passenden Schlüssel findet.

Wo Liebhaberei, sprachliches Ausdrucks- und Einfühlungsvermögen und Fachwissen sich vereinen, dort entstehen im Web solche Pretiosen wie Operalovers “Welt der Oper”.

Lieber Operalover: Vielen Dank für die Mühe und Begeisterung!